Damast Messer – in Handarbeit

Es gibt Projekte, die setzt man sich in den Kopf und da bleiben sie erst einmal. Für längere Zeit. Eines meiner Langzeitprojekte trage ich nun seit fast 10 Jahren mit mir herum. Die Idee kam mir, als ich eine Kurzreportage bei den Dorfkulturtagen verfasste und der Schmied zwei Goldschmiede aus München zu Gast hatte. Dieser leitete seine „Schüler“ durch die Kunst des Messermachens aus Damastzenerstahl und ich durfte vorerst zuschauen. „Kurze“ Zeit später wird selbst Hand angelegt. Die Überschrift macht es deutlich: Die Objekte der Begierde sind Messer aus Damastzenerstahl! Allerdings nicht irgendwelche. Selbst gemacht sollten sie sein. Kaufen ist schließlich zu einfach. Nur: wie bekommt man eigentlich das Muster in den Werkstoff? Und, wie macht man das selbst?

Stahlverfeinerung durch Feuerschweißen

Um das Muster in Damastzenerstahl zu bringen, muss man schweißen, hämmern,  falten, wieder schweißen, wieder hämmern und schweißen, falten und so weiter. Ein langwieriger und sprichwörtlich schweißtreibender Prozess.  Im ersten Teil des Artikel geht es deshalb heiß her! Insgesamt verarbeiteten mein Bruder und ich jeweils zwei Damastpakete.  Beide Pakete bestanden aus unterschiedlich vielen Lagen im Ausgangsmaterial und wurden insgesamt drei mal verschweißt. Hierdurch ergibt sich letztlich Damaststahl mit einerseits 60 Lagen und andererseits 120 Lagen. Zur Herstellung des Rohstahls wanderten insgesamt etwa 100 kg Koks durch den Kamin der Esse. Wie viel Borax als Flussmittel und Oxidationsschutz auf den glühenden Stahl gelöffelt wurde, kann ich nicht mehr sagen. Nach einem Tag Schweißen, Hämmern, Falten und Drehen war das Endergebnis ein ca. 80 cm langer Stab aus Torsionsdamast.

Für Torsionsdamast wird ein Paket aus insgesamt 60 Lagen zu einem Vierkantstab mit einer Länge von 80 cm ausgeschmiedet, mit Hilfe eines Schweißbrenners punktuell erhitzt und anschließend gedreht. Langsam und gleichmäßig drehte ich zwei Drittel im; und ein drittel des Stabes gegen den Uhrzeigersinn. Eine Unterhaltung war aufgrund des Gasbrenners erschwert und so fand die gesamte Kommunikation mit dem Schmied bezüglich der Drehgeschwindigkeit nonverbal statt. Nach knapp zehn Minuten völliger Konzentration, die den Kursteilnehmern ins Gesicht geschrieben stand, war ein Stab fertig tordiert. Durch diesen Vorgang verdrillen sich die einzelnen Stahlschichten aus den vorherigen Feuerschweißvorgängen und ergeben im fertigen Messer ein extravagantes Muster.  Zur Verbesserung der Schnitthaltigkeit wurde für die Schneide ein Streifen aus 120 Lagen Stahl mit einem etwas höheren Kohlenstoffgehalt in einem weiteren Feuerschweißvorgang angeschweißt.

Aus den 80 cm (12 mm Dicke) langen Stäben aus Torsionsdamast formten wir am Amboss jeweils zwei Taschenmesser und ein allzweck Küchenmesser. Mein am meisten verwendetes Messer für Fleisch (aller Art) und Brot. Diese Messer mussten von insgesamt 12 mm Dicke auf vier bzw. zwei Millimeter heruntergeschliffen werden. Eine mühselige Arbeit am Flächenschleifer um das Muster im Torsionsdamast herauszuarbeiten. Aber es lohnt sich.

Nachdem die Messer grob geschliffen, gehärtet und angelassen wurden, erreichten sie eine Härte von ca. 61 Rockwell. Bassd! Nun „nur“ noch Abdünnen auf die finale Dicke, Feinschliff, Nassschliff bis Körnung 2000, Ätzen, Polieren, Griffmaterial anpassen, Kleben, Herausarbeiten, Polieren, Schärfen. Besonders bei den letzten drei Arbeitsschritten empfiehlt sich die Einhaltung der Reihenfolge.

Brauchtum

Weihrauch auf heißem Stahl sorgt für einen spirituellen Geruch in der Werkstatt und vertrieben die beißenden Dämpfe des Borax. Nach altem Brauch sollen die Messer so vorbeugend gegen spätere Schnittverletzungen sein. Bisher hält der Weihrauch, was er verspricht.

Insgesamt sind nach ca. sechs Tagen Arbeit wunderschöne Messer entstanden. Eines wurde direkt verschenkt und die Weiteren verbringen jetzt ein messergerechtes und gepflegtes Dasein in meiner Küche. Ein Taschenmesser und drei Kochmesser. Als Griffmaterial verwendete ich insgesamt drei verschiedene Hölzer.  Das Holz wurde zum Schutz gegen Feuchtigkeit mit Epoxydharz infiltriert. Zusätzlich verleiht das Harz dem Holz mehr Gewicht und der Schwerpunkt der Messer verlagert sich etwas in Richtung Griff. Ein zugegeben, netter Nebeneffekt dieser Vorbehandlung. Bei dem Holz meines Taschenmessers handelt es sich um ca. 3000 Jahre alte, fränkische Mooreiche. Durch den Versteinerungsprozess ist die Behandlung mit Epoxydharz unumgänglich da das Holz ca. die Hälfte seines Gewichts verliert und so schwerer zu bearbeiten und anfälliger für Feuchtigkeit ist. Bei den Kochmessern verwendete ich gestockte Birke und gestockten Ahorn.

Pflege

Wie bei allen nicht-rostfreien Messern bedürfen auch diese ein gewisses Mindestmaß an Pflege. Säurehaltige Lebensmittel (auch Käse) greifen den Stahl direkt an und führen zu Verfärbungen. Entsprechend gilt: Vorsicht beim Limettenschneiden. Das Messer sollte, falls möglich, zeitnah kurz abgewaschen (ab und zu verwende ich mildes Spülmittel für die Klinge) und gründlich abgetrocknet werden. Vergisst man dies, bekommt man die Verfärbungen mit Silberpolitur wieder entfernt.

Fertig?

Was nutzt jedoch ein Taschenmesser, wenn man es nicht, oder nur erschwert dabei haben kann? Eine Lederscheide muss her; zumindest für das Taschenmesser! Ein Kurs für Lederarbeiten war mir in dem Moment zu umständlich für nur ein Teil und so hielten vorerst Videoanleitungen her um eine Idee davon zu bekommen, wie viel Aufwand hinter einer angepassten Lederscheide für das Taschenmesser steckt. Das Leder (~3 mm stark) bekam ich von einem Sattler aus Oberschwappach. Ebenso die Wachsschnur und zahlreiche gute Tipps, wie man das störrische Material in Form bringt. Jagdmesser, check! Jetzt fehlt nur noch der passende Jagdschein. Dieser könnte vielleicht ein zukünftiges Langzeitprojekt werden.

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